In der Rubrik Pflanze des Monats stellen wir in den Vegetationsmonaten von März bis Oktober interessante Pflanzen und Pflanzenarten aus unserem Garten vor. Jede Pflanze kann im Botanischen Garten Leipzig vor Ort aufgesucht und ihre Besonderheit entdeckt werden.
2019
In den ursprünglichen bedecktsamigen Samenpflanzen finden sich ungewöhnlich viele aromatisch duftende und schmeckende Vertreter, wie zum Beispiel die Muskatnuß, der Lorbeer oder Ylang-Ylang – Hauptbestandteil der Parfüms Chanel No. 5. Etwas weniger bekannt sein dürfte Wu Wei Zi aus China sein, ein bei uns winterharter, kleiner Kletterer, der mittlerweile auch einen deutschen Namen bekommen hat – zum Beispiel bezugnehmend auf seinen Duft „Chinesischer Limonenbaum“. Limonenliane wäre allerdings passender, denn die Pflanze benötigt Rankhilfen zum Klettern, ähnlich der ebenfalls auch China stammenden Kiwifrucht.
In China werden die Früchte wie auch andere Teile der Pflanze schon seit Jahrhunderten in der Pharmazie genutzt. Ihr werden alle möglichen Heilwirkungen nachgesagt, von Schlaflosigkeit bis zu Hepatitis, Diabetes und vorzeitigem Samenerguß. Während die physiologische Wirkung noch längst nicht aufgeklärt ist, können aus den Beeren der Pflanze – Reife im Spätsommer – für unseren Gaumen ungewöhnliche schmeckende Marmeladen hergestellt werden. Das Bouquet einer solchen umfaßt nahezu alles, von salzig und süß bis scharf und bitter, und ist kaum mit anderen Marmeladen vergleichbar.
Wer den „Limonenbaum“ in seinem Garten ranken lassen möchte, um auch die Früchte zu ernten, sollte daran denken, sowohl männliche als auch weibliche Exemplare zu pflanzen, sonst gibt es keine Früchte. Die abgebildeten Blüten sind männlich, gut daran zu erkennen, dass es nur Staubbeutel, aber keinen Fruchtknoten in der Blüte gibt. Im Botanischen Garten Leipzig sind die Pflanzen unweit der Linnéstatue im System gepflanzt.
Die Immergrüne Schleifenblume (Iberis sempervirens) verholzt an der Basis leicht und behält ihre Blätter den Winter über (=immergrün). Diese und ihre Blühfreude im Frühling machen sie zu einer beliebten und recht dekorativen Gartenpflanze. Sie kommt in den südlichen, mediterranen Ländern vor, ist aber dennoch frostunempfindlich. Einige Exemplare sind in unserem Garten sowohl in der Systematischen Abteilung als auch im Alpinum zu finden. Durch ihre ausdauernde Wuchsweise werden die einzelnen Triebe im Laufe der Jahre immer länger. Da diese zumeist herabliegen eignen sich die Pflanzen gut zum Begrünen von Mauern.
Die Schleifenblume gehört in die Familie der Kohlgewächse (Brassicaceae), die in der Regel ziemlich kleine Blüten haben. Die Schleifenblume hat jedoch recht große Blüten, so dass ein typisches Merkmal der Familie an ihr besonders gut zu erkennen ist: Sie hat zwar 4 Kelch- und 4 Blütenblätter, aber 6 Staubblätter! Normalerweise haben Blüten genauso viele Blüten wie Staubblätter, ein vielfaches davon oder sehr viel mehr. Tatsächlich haben die Kohlgewächse eigentlich 8 Staubblätter, was dann wieder in dieses Schema passte, jedoch sind 2 des äußeren Kreises im Laufe der Evolution zu Nektardrüsen umgewandelt. Deshalb sind nur 6 sichtbar. Schaut man tiefer in die Blüte hinein, so wird man die 2 Nektardrüsen gerade so mit bloßem Auge erkennen.
Die Früchte der Brassicaceae sind trockene Öffnungsfrüchte bestehend aus 2 Fruchtblättern und einer falschen Scheidewand. Ist eine solche Frucht weniger als dreimal so lang wie breit, dann spricht man von einem Schötchen, wie bei der Schleifenblume. Ist sie mehr als dreimal so lang wie breit, so handelt es sich um eine Schote. Übrigens: die Paprikafrucht ist eine Beere (denn sie ist eine fleischige Schließfrucht und gehört zudem zum Obst, nicht zum Gemüse), die Vanillefrucht ist eine Kapsel (denn sie hat 3 Fruchtblätter).
Rehmannias Verwandtschaft ist recht klein. Die Gattung besteht aus nur 6 Arten und kommt in der Natur ausschließlich in China vor. Obwohl die Gattung außerordentlich farbenprächtige und große Blüten bildet ist selbst ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten Pflanzenfamilie nicht ganz gesichert. Mit der Auflösung der Braunwurzgewächse oder Rachenblütler (Scrophulariaceae) in mehrere weitere Familien blieb Rehmannia noch bis zum Schluß übrig und wurde mal zu den Usambaraveilchengewächsen (Gesneriaceae) gestellt, mal zu den Sommerwurzgewächsen (Orobanchaceae). In letzteres wäre Rehmannia allerdings dann ein nicht-parasitischer Vertreter in einer ansonsten rein (hemi-) parasitischen Familie. Da sie aber auch nicht das familientypische Merkmal der postgenital verwachsenen Antheren der Gesneriaceae zeigt, und zudem gefiederte Blätter hat, ist es unserer Meinung nach gerechtfertigt, Rehmannia in eine eigene Familie, die Rehmanniaceae, zu stellen.
Die großen kräftig pink oder violett gefärbten Blüten sind hummelbestäubt und reflektieren bzw. absorbieren sicher im Ultravioletten. Die an sich mehrjährigen Stauden sind bei uns nicht winterhart und werden jedes Jahr aufs Neue aus Samen gezogen. Im Botanischen Garten stehen sie im System innerhalb der Ordnung der Plantaginales, grob ca. 30m nordöstlich des Blauglockenbaumes.
Die Große Kapuzinerkresse (Tropaeolum majus) ist eine von vielen Vertretern der Kapuzinerkressengewächsen, die ursprünglich hauptsächlich in den Anden Mittel- und Südamerikas verbreitet war. Ihre großen, auffälligen Blüten haben aber v.a. die große Kapuzinerkresse schon sehr bald nach Entdeckung Amerikas zu einer weltweit beliebten Zierpflanze gemacht. Sie wird von Hummeln und Bienen bestäubt, auch in unserer Heimat, obwohl unsere Hummeln die Pflanze ja eigentlich gar nicht kennen können. Der große Nektarsporn ist jedenfalls immer reichlich gefüllt. Dieser zusammen mit der ganzen Blüte stand auch Pate für den Namen der Pflanze, denn sie erinnern an die Kapuzen von Mönchskutten.
Die Kapuzinerkresse ist aber nicht nur schön anzuschauen, sondern kann auch gegessen werden. Die Blätter und Blüten enthalten eine Menge Senfölglycoside, die ihr ein scharfes, senfähnliches Aroma verleihen. Allerdings sind in den Blättern auch einige Bitterstoffe enthalten, weswegen man in Salaten vorwiegend die Blüten verwendet. Dieses Aroma zeichnet aller Vertreter der Kohlartigen aus, zu denen neben Kohl auch die Kapern oder die Papaya gehören. Im Botanischen Garten steht sie dementsprechend auch im System der Karpernartigen, nicht unweit des Einganges zu den Gewächshäusern.
Die Pflanze ist nicht winterhart und wird bei uns jedes Jahr aufs neue ausgesät, in Ecuador oder Peru kann die Pflanze auch mehrjährig gehalten werden. Kapuzinerkresse kann gut klettern und eignet sich besonders zur sommerlichen Verschönerung von Balkonen und ihrer Geländer.
Die Kapuzinerkresse zeigt übrigens auch den von der Lotosblume bekannten Lotoseffekt: Die Blätter sind mit Wasser praktisch nicht benetzbar, es zieht sich sofort zu Kugeln zusammen und perlt ab!
Innerhalb der an sich recht einheitlich blühenden Korbblütler (Asteraceae) bilden die Kugeldisteln (Echinops) eine Ausnahme: statt einen verbreiterten Blütenstandsboden auszubilden, auf dem eng an eng viele kleine Blüten wie in einem Körbchen sitzen, produzieren die Kugeldisteln nur eine einzige Blüte pro Körbchen. Diese einfachen Körbchen sind aber wiederum rings um eine kleine Kugel angeordnet, so dass der Blütenstand an sich ebenfalls kugelig wirkt – und Ähnlichkeiten mit Igeln (Erinaceus) erkennen läßt.
Es gibt etliche Arten an Kugeldisteln, die meisten kommen im mediterranen Klima und Zentralsien vor. Bei uns besonders häufig sind die ruthenische Kugeldistel aus Südosteuropa (Echinops ritro) und die niedrige Kugeldistel (Echinops humilis) aus Zentralasien. Beide wurden schon vor langer Zeit ihres Zierwertes wegen in Mitteleuropa eingeführt. Die großen stahlblauen Blumenköpfe ziehen Hummeln und Bienen magisch an, gerade auch am Ende des Hochsommers, wenn die Hochzeit der Blüten bereits überschritten ist.
Als ausdauernde und nur ganz langsam sich ausbreitende Staude sind sie ein ungewöhnlicher Schmuck in jedem Garten, im BGL zu finden im Systematischen Beet der Korbblütler, aber auch in der Asiatischen Steppenanlage. Ihre weißfilzige Blattunterseite macht sie auch im nicht-blühenden Zustand zu einem Hingucker.
Nahezu alle Vertreter der Unterfamilie der Schwalbenwurzgewächse (Asclepioideae) innerhalb der Familie Hundsgiftgewächse (Apocynaceae) besitzen Milchsaft. Eine kleine Verletzung der Pflanzen reicht aus und schon schießt der Milchsaft aus der Wunde. Es dickt mit der Zeit ein und verschließt die Wunde auf die gleiche Weise wie bei uns Säugetieren rotes Blut. Auf Kleidung ist dieser Milchsaft kaum wieder herauszuwaschen, also Vorsicht bei der Gartenarbeit.
Viele Vertreter der Familie haben ausgesprochen hübsche Blüten, werden gerne kultiviert und bieten den Insekten reichlich Nektar. Am bekanntesten dürfte der aus dem Mittelmeer stammende Oleander sein. Oxypetalum caeruleum (ehemals Tweedia caerulea) aus dem Süden Amerikas besitzt ungewöhnlich blau gefärbte Blüten mit einem Stich ins türkis. Sie erinnert damit auch an das bei uns heimische Kleine Immergrün (Vinca minor) aus derselben Familie. Das hat zwar tiefblaue Blüten, aber ebenso Milchsaft und ist wie eigentlich alle Hundsgiftgewächse giftig.
Oxypetalum caeruleum steht im Botanischen Garten Leipzig im System zwischen der Rhododendronsammlung und den Tabakgewächsen.