Wir untersuchen Lehr-Lernprozesse im Biologieunterricht mit den Schwerpunkten Verstehen und Narration, Bewertungskompetenz und digitales Lernen. Hierzu verwenden wir Beobachtungsstudien und quasi-experimentelle Interventionsstudien unter Einbeziehung von Interviews und Gruppendiskussionen, Fragebögen und Unterrichtsbeobachtungen.
Promotionsprojekte
Ethische Bewertungskompetenz im Lehramtsstudium Biologie aufwerten
René Leubecher untersucht im Rahmen seines Promotionsprojektes, wie Studierende im Lehramt Biologie bereits während des Studiums auf die Herausforderungen bioethischen Unterrichts vorbereitet werden können.
Lehrkräfte der Biologie sollen die Bewertungskompetenz ihrer Schüler*innen fördern – das bedeutet, sie sollen Schüler*innen dabei anleiten, im Kontext bioethischer Themen wie Schwangerschaftsabbruch, Gentechnik oder Nachhaltigkeit, fachlich fundierte und unter Berücksichtigung ethischer Werte gefällte Urteile zu reflektieren. Empirische Studien zeigen, dass Lehrkräfte der Biologie dabei vor vielfältigen Herausforderungen stehen. Das Promotionsvorhaben verfolgt das Ziel, herauszufinden, wie angehende Biologielehrkräfte früh in ihrer Ausbildung dabei zu unterstützt werden können, diese Herausforderungen im Beruf zu bewältigen.
Dazu werden in einem ersten Schritt die Herausforderungen, die Biologielehrkräfte beschreiben genauer untersucht: Bisherige Studien untersuchen vor allem das fachdidaktische Wissen von Biologielehrkräften zur Bewertungskompetenz. In einem Review dieser Studien wird der Fokus vom fachdidaktischen Wissen auf die Überzeugungen und Emotionen der Biologielehrkräfte in Bezug auf Bewertungskompetenz gelegt. Die Theorie des geplanten Verhaltens bildet dazu den Hintergrund. In einem weiteren Schritt werden das fachdidaktische Wissen, die Überzeugungen und die Emotionen Lehramtsstudierender der Biologie in Bezug zu Bewertungskompetenz untersucht und mit denen der Biologielehrkräfte verglichen.
Ziel des Projekts ist es, aus dem Vergleich Potentiale und Hürden zu identifizieren, mit denen in der Ausbildung Lehramtsstudierender der Biologie Fortbildungsmaßnahmen zur Bewertungskompetenz geplant, durchgeführt und evaluiert werden können.
Wirkung und Wirksamkeit narrativer Lernertexte
Julia Zdunek untersucht im Rahmen ihres Promotionsprojektes, inwiefern narrative Methoden den Verstehensprozesse im Biologieunterricht fördern können.
Der öffentliche Diskurs über biologische Themen wird unter anderem durch fachlich unangemessene Darstellungen und Verschwörungserzählungen beeinflusst. Dies wurde nicht zuletzt während SARS-CoV2-Pandemie spürbar. Solche Narrative erschweren einerseits das Verständnis biologischer Phänomene, zeigen aber andererseits auch wie wirksam Erzählungen für die Kommunikation über komplexe Themen sein können, da narrativ strukturierte Informationen leichter zu verstehen, zu merken und wiederzugeben sind. Aus einer didaktischen Perspektive ermöglichen Narrationen persönliche Bedeutungszuweisung und bieten, bei entsprechender Aufgabenstellung, außerdem die Möglichkeit einer elaborierten Auseinandersetzung mit verschiedenen Lerngegenständen. Diese Synthese aus subjektiven und objektiven Elementen ermöglicht bestenfalls bedeutungsvolles Verstehen. Inwiefern dies auch Potentiale für biologische Lernprozesse bietet, wurde bisher noch nicht hinreichend erforscht. Im Projekt wird daher die Wirksamkeit produktiver, narrativer Methoden und ihr Einfluss auf das Verstehen untersucht. Dabei stehen ökologische und botanische Lernkontexte im Fokus des Interesses.
BiodigitaliS: Digitalisierung der Ausbildung angehender Biologielehrkräfte am Standort Leipzig
Die Digitalisierung von Bildung und Schule konfrontiert Lehrkräfte im Fachunterricht mit neuen Herausforderungen. Universitäre Lehramtsausbildung soll angehende Lehrkräfte dazu befähigen, diese zu bewältigen. Dabei sollen fachspezifische digitale Kompetenzen vermittelt und die Bereitschaft, Fachunterricht mit digitalen Medien zu gestalten, gefördert werden. Wie digitale Settings systematisch in bestehende Lehrveranstaltungen integriert und die universitäre Lehre gezielt verändert werden kann, wird im Rahmen des Projekts „BiodigitaliS“ am Beispiel biologiedidaktischer Lehrveranstaltungen untersucht. Die Maßnahmen werden in begleitenden Studien evaluiert und sukzessive weiterentwickelt. Das Forschungsinteresse umfasst dabei die:
- Kontextbedingungen im Rahmen der biologiedidaktischen Ausbildung sowie deren zielgerichtete Veränderung,
- Überzeugungen der Studierenden hinsichtlich des Einsatzes digitaler Medien im Biologieunterricht,
- Wirkung der gezielt modifizierten Lehrveranstaltungen auf die Bereitschaft der Studierenden zur Anwendung digitaler Medien im Biologieunterricht.
„BiodigitaliS“ ist Teil des gemeinsamen Projekts der Universität Leipzig und der TU Dresden mit dem Titel „PraxisdigitaliS: Praxis digital gestalten in Sachsen“, das vom BMBF im Zeitraum 2020-2023 mit einem Volumen von knapp drei Millionen Euro gefördert wird. Die wissenschaftliche Projektleitung des Verbundprojekts liegt bei Prof. Dr. Sonja Ganguin (Universität Leipzig), die Koordination übernimmt das Zentrum für Lehrerbildung und Schulforschung (ZLS).
Förderung von Bewertungskompetenz durch Narration im Biologieunterricht
Anika Schuck untersucht im Rahmen ihres Promotionsprojekts, wie im Biologieunterricht Bewertungskompetenz, genauer Perspektivenwechselfähigkeit, durch den gezielten Einsatz von narrativen Methoden gefördert werden kann.
Perspektivenwechselfähigkeit ist eine grundlegender Bestandteil von Bewertungskompetenz. Die Integration dieser Kompetenz in den Biologieunterricht ist in Anbetracht aktueller Diskurse und übergeordneter Bildungsziele äußerst relevant, verunsichert jedoch Lehrkräften und Lernende gleichermaßen. In diesem Projekt wird ein neuer Ansatz in den Blick genommen, der aufgrund seiner strukturellen und funktionalen Merkmale fruchtbar erscheint, um Bewertungskompetenz zu fördern: der Einsatz von Geschichten. Geschichten enthalten per se den begründeten Umgang mit Problemen und deren Bewertung, sie forcieren die Auseinandersetzung mit diversen Sichtweisen und regen damit erwiesenermaßen Urteilsbildungs- und Problemlösefähigkeit an. Narrative Methoden erscheinen also zur Förderung der Bewertungskompetenz im Biologieunterricht vielversprechend. Mittels Design-Based Reseach soll untersucht werden, welches Potenzial narrative Methoden zur Förderung von Bewertungskompetenz im Biologieunterricht besitzen.
Schwierigkeiten bei der Unterrichtsplanung mit Alltagsvorstellungen
Jan Wanitschke untersucht in seinem Promotionsprojekt die Schwierigkeiten von Biologie Lehramtsstudierenden bei der Unterrichtsplanung mit Alltagsvorstellungen von Lernenden.
Lehramtsstudierenden fällt es häufig schwer, die fachbiologische Perspektive und die Alltagsvorstellungen der Lernenden gleichermaßen in ihrer Unterrichtsplanung mit einzubeziehen. Dieser Befund steht im Kontrast zu den fachdidaktischen Forschungsbemühungen im Bereich der Alltagsvorstellungen. Eine Planung mit Alltagsvorstellungen berücksichtigt themenspezifische Lernchancen und -hürden, orientiert sich an zentralen Konzepten oder Grundprinzipien des Lerngegenstandes und bezieht sich auf fachdidaktisch fundierte Ideen für den Lehr-Lernprozess.
Ziel des Projekts ist es, die Schwierigkeiten der Studierenden bei einer derartigen Planung im Themenbereich Neurobiologie systematisch zu analysieren und zu verstehen. Daraus lassen sich Schlussfolgerungen für die Lehramtsausbildung ziehen, die die Forschungserkenntnisse über Alltagsvorstellungen besser für die Unterrichtspraxis nutzbar machen sollen.
Forschungsprojekte und -kooperationen
Thoughtfulness in Biology Education
Our workgroup is one of the founding members of a European network of teachers and educators which aims to go beyond a narrow discourse of subject specific competences in Biology towards a more holistic and culturally based approach. This approach would encourage learners to place their biological knowledge within a wider context, particularly because the life sciences have impacts on such a wide spectrum of issues faced today, from health care and genome manipulation to global biodiversity loss. A ‘thoughtful’ biology education should raise fundamental questions about what it is to be part of humanity in an ever-changing global ecosystem, and ensure that people of all ages understand the subject in order to have informed opinions and take responsible decisions. We are developing a model for ‘thoughtful’ biology education as well as teacher trainings in a European context.
PraxisdigitialiS
Das im Rahmen der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“ des BMBF geförderte Verbundprojekt „PraxisdigitaliS: Praxis digital gestalten in Sachsen“ verortet die Digitalisierung fest in der Lehramtsausbildung in Sachsen. An der Universität Leipzig werden in grundlegenden Bereichen des Lehramtsstudiums verbindliche Maßnahmen nachhaltig in den Pflichtveranstaltungen und Praxisphasen des Lehramtsstudiums verankert und ein innovatives „Teaching Lab“ in die Lehre integriert. Um die entwickelten Standards nachhaltig zu sichern, werden Lehrende in der Lehrerbildung fort- und weitergebildet. Die Lehre wird mit Blick auf den digitalen Kompetenzerwerb für angehende Lehrkräfte optimiert und digitale Settings in den Schulpraktika implementiert.
Dabei sollen auch fachspezifische digitale Kompetenzen vermittelt und die Bereitschaft, Fachunterricht mit digitalen Medien zu gestalten, gefördert werden. Wie digitale Settings systematisch in bestehende Lehrveranstaltungen integriert und die universitäre Lehre gezielt verändert werden kann, wird im Rahmen des Projekts „BiodigitaliS“ am Beispiel biologiedidaktischer Lehrveranstaltungen untersucht.
PraxisdigitaliS wird im Rahmen der gemeinsamen Qualitätsoffensive Lehrerbildung von Bund und Ländern im Förderschwerpunkt „Digitalisierung in der Lehrerbildung“ von März 2020 bis Dezember 2023 mit insgesamt 2,9 Millionen Euro aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung gefördert. Die Arbeitsgruppe Biologiedidaktik beteiligt sich mit dem Projekt „Digitalisierung der Ausbildung angehender Biologielehrkräfte am Standort Leipzig“.
Social Media in Biology Education
Social media is an integral part of everyday lives of many people, especially adolescents and young adults. Even though most of the social media usage is dedicated to private communication with other users and entertainment, learners also encounter scientific topics with socio-scientific impact, such as climate change, the biodiversity crisis, and vaccination.
The changed media environments require specific competencies, for example, to assess the soundness of arguments in light of new scientific knowledge and to recognize fake news. Despite this relevance, concepts for the subject-specific promotion of such competencies are only gradually developing. Therefore, the SoMeBE working group addresses the following research questions: Which subject-specific competencies are needed when dealing with social media and how can these be promoted in biology education? How can (prospective) teachers be supported in promoting the required competencies in learners? How can content from social media be harnessed for biology lessons, e.g. to support subject-related argumentation and evaluation? How can content and structures in social media be used for science communication, e.g. to promote multidirectional and participatory communication?
MINTplus
In der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften, aber auch der forschenden Fachdidaktik, spielt Nachhaltigkeit eine immer wichtigere Rolle. Lehrangebote im Wahlpflichtbereich, die solche transdisziplinären Aktivitäten abbilden, werden von den Leipziger Studierenden rege nachgefragt. Die Leipziger Initiative für Nachhaltige Entwicklung (LINE) bündelt diese speziellen Angebote und macht sie über die Fachdisziplinen hinaus sichtbar. Die Arbeitsgruppe Biologiedidaktik ist Teil von LINE, insbesondere im Themenfeld ‚Biodiversitätsverlust und Klimawandel‘ im Zusammenspiel mit dem Botanischen Garten Leipzig und der Grünen Schule als wichtige außerschulische Lernorte. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e.V. fördert diese fächerübergreifende Initiative der UL im Rahmen eines hochschulübergreifenden Netzwerks. Studierende sollen dazu befähigt werden, gesellschaftliche Fragen aus vielfältigen Blickwinkeln zu betrachten, auf der Grundlage quantifizierbarer Modelle konkrete Handlungsansätze zu entwickeln und zu evaluieren. Dazu entwickeln wir neue Studienangebote in den naturwissenschaftlichen Fächern der UL und etablieren ein neues Zertifikat „Handlungskompetenz für nachhaltige Entwicklung“.