Es wird oft behauptet, dass Sprache eine Eigenschaft sei, die nur beim Menschen vorkommt. Jedoch scheinen einige ihrer Kernmerkmale auch in anderen Tierarten vorhanden zu sein.

Phänomene wie chemische Signale, Paarungstänze und Vogelgesang sind nur einige der Beispiele, die uns die Komplexität der Kommunikationssysteme im gesamten Tierreich vor Augen führen. Außerdem deuten die kognitiven Fähigkeiten mehrerer Primaten- und Vogelarten darauf hin, dass die evolutionären Wurzeln von Sprache in die Abstammungslinie der Primaten hinein- und möglicherweise noch weiter zurückreichen. All dies wirft die Frage auf, wann genau in der Evolutionsgeschichte des Menschen unsere Vorfahren die einzelnen charakteristischen Merkmale von Sprache zum ersten Mal zeigten und welcher ökologische und Selektionsdruck zu ihrer Entstehung führte.

Um diese Fragen zu beantworten, wollen wir untersuchen, welche Kernmerkmale von Sprache bei heute lebenden, eng mit dem Menschen verwandten Arten, z. B. Schimpansen und Bonobos, vorhanden sind und welche davon nur beim Menschen vorkommen. Konkret befasst sich dieses Projekt mit dem Vorhandensein von Kompositionalität in der gestischen Kommunikation von Schimpansen.

Kompositionalität ist die Konstruktion zusammengesetzter sprachlicher Formen, deren Bedeutung sich aus den Bedeutungen der konstituierenden Teile und den Regeln, nach denen sie konstruiert werden, ergibt. Wenn wir beispielsweise einen Satz bilden, reihen wir Wörter nach grammatikalischen Regeln aneinander. Die Bedeutung des so gebildeten Satzes hängt dabei sowohl von der lexikalischen Bedeutung der Wörter als auch von seiner Struktur, z. B. von der Wortstellung, ab.

Während die vokale Domäne der Schimpansenkommunikation kompositionelle Strukturen aufzuweisen scheint, ist dies für die gestische Modalität noch weitgehend ungeklärt. Ziel dieser Studie ist es daher, bedeutungsvolle Einheiten in der gestischen Kommunikation von Schimpansen zu identifizieren, sowie die potenziellen Kombinationen, die diese Einheiten miteinander oder mit anderen bedeutungsvollen Signalen bilden, um neue zusammengesetzte Bedeutungen zu erzeugen. Dafür werden wir in einem ersten Schritt einen neuen theoretischen Rahmen für die Untersuchung der Komposition von Gesten erarbeiten und ein Kodierungsschema für die genaue Identifizierung von Gesteneinheiten entwickeln. Anschließend werden wir systematische Beobachtungen und Analysen des kommunikativen Verhaltens von im Zoo und unter semi-natürlichen Bedingungen lebenden Schimpansen durchführen.

Das Projekt ist Teil des von der DFG geförderten ViCom-Netzwerks, an dem mehrere internationale Forscher beteiligt sind.

Weitere Informationen finden Sie unter: https://vicom.info

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