Die Entscheidung zur Fällung eines großen, den Freiraum prägenden alten Baumes ist uns nicht leicht gefallen. Im Sinne maximal möglicher Transparenz möchten wir hier die Hintergründe für diese Entscheidung erklären.
Der Botanische Garten verfügt über einen Bestand von über 120 Großbäumen, die teilweise ein Alter von über 150 Jahren aufweisen. Als Einrichtung der Fakultät für Lebenswissenschaften der Uni Leipzig sind wir in erster Linie der wissenschaftlichen Forschung, der Ausbildung unserer Studierenden und dem Wissenstransfer in die Gesellschaft verpflichtet und orientieren unsere Pflanzensammlung an diesen Aufgaben. Gleichzeitig ist uns gerade als Biodiversitätsforscher natürlich auch der hohe ökologische Wert unserer Pflanzensammlung bewusst und wir sind bestrebt, diesen zu erhalten und zu mehren. Zum Glück sind beide Ziele in der Regel kongruent und eine Entscheidung für das erste Ziel zu Lasten des zweiten Zieles ist die Ausnahme.
Eine Ausnahme dieser Art liegt hier vor. Eine große Kaukasische Flügelnuss (Pterocarya fraxinifolia) muss gefällt werden, damit an ihrer Stelle der „Auengarten“ angelegt werden kann.
Folgende Gründe sprechen für diese Entscheidung:
Die räumliche Situation im Bereich des zukünftige Auengartens lässt einen Erhalt des Baumes im Zentrum der Anlage nicht zu. Die Teilflächen Teich (zum Teil bereits realisiert), Erlenbruch und Auenwiesen bilden eine inhaltliche und funktionale Einheit, die nicht voneinander getrennt angelegt werden kann.
Ziel der neuen Biotopanlage Auengarten ist die Präsentation einer wesentlich größeren Vielfalt an heimischen Pflanzenarten, als es die bisherige Fläche zulässt. Wurzelausläufer und Schattenwurf der Baumkrone der Flügelnuss behindern die Entwicklung der vorhandenen, bereits stark verarmten Vegetation. Insofern wird mit der Neuanlage die Pflanzenvielfalt gefördert und damit der ökologische Wert der Fläche gesteigert. Der Auengarten wird zudem Erhaltungskulturen gefährdeter regionaler Sumpf- und Auen-Pflanzenarten beherbergen können. Die Kaukasische Flügelnuss hingegen ist eine exotische Baumart, die eine geringere ökologische und somit naturschutzfachliche Bedeutung hat.
In Vorbereitung der Fällung wurde im vergangenen Sommer ein externes artenschutzfachliches Gutachten zur Besiedelung der Flügelnuss durch höhlenbewohnende Tierarten eingeholt. Unter Einsatz von Seilklettertechnik wurde der Baum bestiegen und die vorhandenen Höhlungen inspiziert. Für Vögel, Fledermäuse und holzbewohnende Käfer konnten keine Anzeichen für eine aktuelle oder vergangene Besiedelung gefunden werden. Lediglich konnte die Anwesenheit von Hornissen und anderen saisonal Staaten bildenden Hautflüglern festgestellt werden. Im Ergebnis des Gutachtens hat die Untere Naturschutzbehörde der Stadt Leipzig der Fällung des Baumes zugestimmt. Die Entscheidung beruht außerdem auf dem Umstand, dass es sich bei der Flügelnuss um eine gebietsfremde Bauart handelt, deren Eigenschaften eine Besiedelung durch heimische Organismenarten einschränken. Wie in solchen Verfahren üblich, wird darüber hinaus im direkten Zusammenhang mit der Fällung eine nochmalige Kontrolle und naturschutzfachliche Begleitung erfolgen.
Neben der Fällgenehmigung durch die Untere Naturschutzbehörde liegt eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung zur Entnahme des Baumes ebenfalls vor.
Auch wenn die Fällung des Baumes zunächst schmerzhaft erlebt werden kann, so sehen wir doch der zukünftig an dieser Stelle entstehenden Anlage „Auengarten“ mit Freude entgegen. Wir sind sicher, dass wir damit sowohl unseren Aufgaben als Botanische Pflanzensammlung und ihrer Nutzungsvielfalt, als auch in der Abwägung der Argumente die richtige Entscheidung wider den Einzelbaum getroffen haben.
Im Vorfeld der Fällung stehen am 22.01.2024, von 13.00 Uhr - 13.30 Uhr Matthias Schwieger (Betriebsleiter, Mitglied im Leitungsgremium des Botanischen Gartens) und Rolf Engelmann im Botanischen Garten am Eingang zu den Gewächhäusern für eventuelle Fragen zur Verfügung.