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Der Botanische Garten ist durch einen hohen Anteil großer alter Bäume geprägt, die zum Teil noch aus der Erstbepflanzung der 70er Jahre des vorletzten Jahrhunderts stammen, mithin also ca. 150 Jahre alt sind. Mit dem Erreichen der Altersphase, deren Eintritt sich genetisch bedingt von Baumart zu Baumart unterscheidet, nimmt die Vitalität und damit die Regenerationsfähigkeit der Altbäume ab. Diese natürliche Entwicklung führt zur Bildung von Totholz in den Baumkronen sowie zu abnehmender Bruchfestigkeit (Gefahr des „Herabfallens“ von Ästen) und bisweilen sogar Verlust der Standfestigkeit („Umfallen“ ganzer Bäume). Dieser an sich natürliche Prozess wird unter der Einwirkung abiotischer Faktoren wie Luftverschmutzung oder durch Klimawandel verstärkte thermische Überhitzung der Stadt und zunehmende Trockenheit in der Vegetationsperiode noch verschärft. Mit gärtnerischen Maßnahmen wie Bewässerung oder Düngung kann den alten Bäumen dabei leider nur in engen Grenzen geholfen werden.

Aus diesen Zusammenhängen ergibt sich eine regelmäßige Kontrolle der Stand- und Bruchsicherheit von Bäumen, um Gefährdungen für Menschen und Sachgüter – wenn es schon grundsätzlich nie auszuschließen ist - so doch so gering wie möglich zu halten.

Diese auch vom Gesetz- und Verordnungsgeber verlangte laufende Abschätzung der Verkehrssicherheit von Bäumen (Baumkontrolle) wird durch speziell ausgebildete und zertifizierte Mitarbeitende des Botanischen Gartens regelmäßig durchgeführt. Die dabei angewendete Methodik stößt jedoch in manchen Fällen an Grenzen, so dass in besonderen Fällen eingehendere Untersuchungen durch spezialisierte Gutachterbüros durchgeführt werden müssen.

Die zwei alten Rotbuchen des Botanischen Gartens wurden vor kurzem vom Gutachterbüro „Baum hoch 4“ einer solchen eingehenden Untersuchung unterzogen. Beide Bäume leiden zum Teil bereits seit Jahren unter dem Befall durch den Pilz Riesenporling, einem Schwächeparasiten. Dieser zersetzt den Holzkörper der Bäume insbesondere an den Wurzelanläufen und gefährdet damit vor allem die Standsicherheit der Bäume. Aufgrund dessen wurde die im Zentrum des Gartens dominierende Blutbuche schon vor Jahren mithilfe von vier Stahlseilen gesichert und damit möglicherweise bereits vor dem Umstürzen  bei Sturmereignissen bewahrt.

Bei den nun durchgeführten Untersuchungen wurden mehrere Zugversuche durchgeführt, bei denen mithilfe eines in die Baumkrone eingebrachten Stahlseils mehre Tonnen starke Windlasten aus verschiedenen Himmelsrichtungen simuliert und die dabei auftretenden Reaktionen des Baumstammes (Stauchung auf der zur Lastaufnahme zeigenden Seite sowie Dehnung auf der gegenüberliegenden Stammseite) per digitaler Aufzeichnung ermittelt. Die Einbeziehung zusätzlicher Parameter wie z.B. Holzdichtemessung und Kronendichte / Kronenfläche ermöglicht die Erstellung einer aktuellen Windlastanalyse. Eine zukünftige Entwicklungsprognose wird zusätzlich möglich.

Mithilfe der Ergebnisse der Untersuchungen müssen demnächst Entscheidungen über den zukünftigen Umgang mit den zwei Rotbuchen getroffen werden. Diese Entscheidungen müssen einen Kompromiss divergierender Ziele im Spannungsfeld zwischen Erhaltung eines Exponates der Botanischen Sammlungen sowie des Natur- und Gartendenkmalschutzes einerseits und der Verkehrssicherungspflicht andererseits vor dem Hintergrund eines wirtschaftlich vertretbaren finanziellen Aufwandes finden.